AUTO, ZUG ODER FLUGZEUG? SO KOMMST DU JETZT NOCH AM BESTEN IN DEN SüDEN

Nach den Unwettern am Wochenende ist der San-Bernardino-Pass bis auf Weiteres gesperrt. Und das direkt vor den Sommerferien. Alle Antworten, wie du trotzdem noch gut über die Alpen ins Tessin oder nach Italien kommst, findest du hier.

Die Sommerferien stehen vor der Tür. Spätestens am zweiten Juli-Wochenende werden sich – wie jedes Jahr – Tausende Schweizerinnen und Schweizer auf den Weg nach Italien oder zumindest ins Tessin machen. Stau und gut gefüllte Züge sind vorprogrammiert.

In diesem Jahr könnte es aber noch schlimmer als je zuvor werden. Von einem bevorstehenden Verkehrschaos ist die Rede. Hier findest du alles, was du zur aktuellen Verkehrslage rund um Fahrten gen Süden wissen willst.

Was ist passiert?

Am Freitagabend überzogen massive Gewitter und Niederschläge den Süden des Kantons Graubünden. Der Starkregen löste im Südtal Misox eine Schlammlawine aus, die einen Teil der Autobahn A13 sowie einen Teil der Kantonsstrasse im Misox zerstörte. Seither ist der San-Bernardino-Pass gesperrt.

Beim Unwetter kam mindestens eine Person ums Leben. Zwei weitere werden nach wie vor vermisst.

So sieht es in Graubünden nach dem Unwetter aus

Welcher Teil der A13 ist gesperrt?

Das Unwetter hat rund 200 Meter Autobahnstrasse weggespült. Die Autobahn ab Thusis bis Bellinzona ist deshalb nicht mehr passierbar. Die Kantonspolizei Graubünden rechnet aktuell damit, dass die Wiederinstandsetzung des Autobahnabschnitts mehrere Monate dauern wird, wie sie gegenüber dem «Blick» sagte.

Vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) klingt es etwas weniger dramatisch. ASTRA-Sprecher Lorenzo Quolantoni: «Wir rechnen damit, dass wir die A13 in drei bis vier Wochen wieder öffnen können.» Dies allerdings auch nur unter der Annahme, dass keine «bösen Überraschungen» aufkommen werden. Wie gut die Aufräumarbeiten und der Wiederaufbau vorangehen, ist unter anderem vom Wetter abhängig.

Die Kantonsstrasse, auf die man normalerweise ausweichen kann, wurde ebenfalls vom Unwetter beschädigt. Die Strecke zwischen Misox und Lostallo ist aus Sicherheitsgründen und wegen Aufräumarbeiten in beide Fahrtrichtungen für mindestens eine Woche für den Transit- und Durchgangsverkehr gesperrt. Die Kantonspolizei Graubünden schreibt: «Einzig Zubringerdienst ist gestattet. Im Norden wird in Thusis Süd und Hinterrhein triagiert, im Süden in Lostallo.»

Welche Alternativrouten gibt es?

Das Bundesamt für Verkehr (ASTRA) empfiehlt die Gotthardroute. Es gibt aber noch viele weitere Alternativrouten, je nachdem, ob man bereit ist, auch einen grösseren Umweg in Kauf zu nehmen.

Die Alternativrouten im Inland:

  1. Gotthardtunnel oder die Gotthard-Passhöhe
  2. Über den Oberalp- und Lukmanierpass
  3. Über den Julier- und Malojapass
  4. Über den Albula- und Bernina-Pass via Poschiavo
  5. Über den Grimsel- und Nufenenpass
  6. Durch den Autoverlad Lötschberg und den Simplonpass
  7. Von der Brünigpass-Strasse via Grimsel und Simplon
  8. Via Martigny über den Grossen St. Bernhard

Alternativrouten übers Ausland, bei denen Gebühren anfallen können:

  • Via Südtirol
  • Via Genf durch den Mont-Blanc-Tunnel
  • Via Genf über Annecy und den Fréjus-Tunnel

Wie kann ich den Stau umgehen?

So gut wie gar nicht. In der Ferienzeit kommt es vor dem Gotthardtunnel, dem Grossen St. Bernhard, dem Lötschberg und auch in Österreich vor dem Brenner praktisch immer zu längeren Staus. Vor verlängerten Wochenenden sogar schon am Mittwochabend. Die Daumenregel «Stosszeiten vermeiden» ist daher schon länger nicht mehr anwendbar.

Die Sperrung des San-Bernardino-Passes wird diese Ausgangslage nun nur noch verschärfen. Politikerinnen, Politiker und Medien befürchten deshalb ein Verkehrschaos. Der Direktor der Tessiner Industrie- und Handelskammer, Luca Albertoni, warnte am Montag gar vor einer vollständigen «Verkehrslähmung». Dies hätte nicht nur Auswirkungen auf den Tessiner Tourismus, sondern auf die gesamte Wirtschaft des Südkantons.

Zur schwierigen Ausgangslage kommt hinzu, dass es im Sommer an zahlreichen Orten zu Bauarbeiten und damit zu Sperren kommt. So etwa im Juni und Juli über Nacht vor dem Malojapass.

Aktuelle Informationen über die Stau- und Strassenlage sowie zur Pass-Situation findest du hier:

Nehme ich besser den Zug?

Wahrscheinlich. Aber: Auch die Zugfahrt in Richtung Tessin ist seit knapp einem Jahr erschwert. Am 10. August 2023 entgleiste im Gotthard-Basistunnel wegen eines Radbruchs ein Güterzug. Der Unfall verursachte erhebliche Schäden im Tunnel und an den Gleisen. Seither ist die SBB noch immer daran, den Gleisabschnitt und den Tunnel wieder instand zu setzen.

«Die Reparaturen werden Monate dauern» – was wir nun alles zum Gotthard-Unfall wissen

Personen- und Güterzüge können den Tunnel nach wie vor nur beschränkt passieren. Die meisten Züge verkehren über Göschenen und Airolo, fahren also die sogenannte Gotthard-Panoramastrecke, die eine Stunde länger dauert als via Gotthardbasistunnel. Der reguläre Bahnbetrieb ins Tessin ist gemäss SBB erst per September 2024 wieder möglich. Sprich erst nach den Sommerferien.

Wegen der Sperrung des San-Bernardino-Passes ist es möglich, dass viele vom Auto auf den Zug umsteigen. Was ein solcher Grossandrang bedeuten könnte, zeigte sich in diesem Jahr bereits kurz vor Auffahrt.

Die SBB mussten eine Warnung aussprechen: «Bitte weichen Sie auf andere Verbindungen aus.» Obwohl die SBB 61 Extrazüge Richtung Tessin bereitstellten, waren zahlreiche davon bis auf den letzten Platz ausgebucht. Für Reisen über die Grenze ist eine Platzreservierung nämlich Pflicht.

Platzreservierungen empfehlen sich aber auch für jene, die im Tessin bleiben. Denn aus Sicherheitsgründen ist nur eine begrenzte Anzahl Stehplätze pro Wagen erlaubt. Wer keinen Sitzplatz ergattert, muss im schlimmsten Fall also wieder aussteigen und hoffen, dass er oder sie im nächsten Zug Platz findet. Muss das Zugpersonal die Stehenden aus den Waggons geleiten, kann es obendrauf zu Verzögerungen kommen.

Wer also zu denjenigen gehört, tut gut darin, frühzeitig zu buchen. Und muss sich bewusst sein, dass die Fahrt womöglich länger dauert. Auch wenn man nicht über das Tessin nach Italien fährt.

Auf der Alternativ-Zugstrecke von Bern über Brig nach Mailand verkehren auf der italienischen Seite bis zum 8. September Ersatzbusse. Dies aufgrund von Sanierungsarbeiten. Die Ersatzbusse sind etwas langsamer unterwegs als der Zug.

Wird es Extrazüge geben?

Gut möglich. Die SBB klären derzeit ab, ob aufgrund der aktuellen Ausgangslage Extrazüge für die diesjährige Sommerferienzeit zur Verfügung gestellt werden können und sollen.

Auf Anfrage von watson geben die SBB zudem Entwarnung:

«Aktuell haben wir im Personenverkehr genügend Plätze, um zusätzliche Reisende in den bestehenden Zügen zu befördern.»

- SBB -

Auch im Güterverkehr könnten sie die Kapazitäten stellen, die gebraucht würden, um auf die allenfalls steigende Nachfrage zu reagieren. Genaueres werde am Donnerstag an einer Medienkonferenz bekannt gegeben.

Dann eben mit dem Flugzeug?

Ja, das wäre durchaus eine mögliche – wenn auch weniger umweltfreundliche – Alternative. Ein Flugticket könnte man derzeit auch noch gut erwischen. So schreibt die Swiss auf Anfrage von watson: «Aktuell beobachten wir eine gesunde und starke Nachfrage für die Sommermonate auf unsere Strecken von und nach Italien. Allerdings bewegen sich die aktuellsten Buchungszahlen im normalen Rahmen.»

Von einer gesteigerten Nachfrage aufgrund des gesperrten San-Bernardino-Passes könnten sie deshalb nicht sprechen. Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Ausserdem sei auch keine Aufstockung von Flügen aufgrund der Situation beim San Bernardino geplant.

Werden nun jedoch wegen der Stauprognosen und der möglicherweise erschwerten Zugreisen viele Schweizerinnen und Schweizer aufs Flugzeug umsatteln, könnte es sehr schnell teuer werden. Denn wie die Swiss schreibt: «Grundsätzlich werden unsere Preise durch Angebot und Nachfrage im Markt bestimmt. Dementsprechend müssten Fluggäste von höheren Preisen ausgehen, sollte die Nachfrage ansteigen.»

Fazit

Wer diesen Sommer gen Süden will, lässt das Auto am besten zu Hause. Ob Zug oder Flugzeug die beste Alternative ist, hängt letzten Endes stark von der Destination (und der Menge an Gepäck) ab.

So oder so wird der Weg in die Sommerferien (und zurück) in diesem Jahr wahrscheinlich mühsam, nervenaufreibend, teuer oder gleich alles zusammen. Wer also noch nichts gebucht hat, sucht sich eventuell besser eine andere Feriendestination.

Für letztere Entscheidung hilft es ja vielleicht, sich vor Augen zu führen, dass man damit nicht nur viel mehr Zeit für wirkliche Ferien haben wird, sondern auch ein Auto weniger ist, das den Im- und Export von wichtigen Gütern erschwert.

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