MEHR HILTON UND MARRIOTT FüR AFRIKA: DER TOURISMUS BOOMT, UND LUXUSHOTELKETTEN HABEN GROSSE PLäNE AUF DEM KONTINENT

«Wir wollen hier afrikanische Gastfreundschaft vermitteln», sagt Fairman Muhingi. Der Manager der Marriott Masai Mara Safari Lodge im Südwesten Kenyas hat gerade über das Gelände der vor einem Jahr eröffneten Lodge geführt: durch die Bar, in der es südafrikanischen Wein für 400 Dollar die Flasche gibt; vorbei an Spa, Pool und Sauna, die man in die Savannenlandschaft gebaut hat; durch eines der Luxuszelte inklusive Jacuzzi, die «Safari-Chic, aber ohne koloniale Motive» vermitteln sollen; vorbei an Computerbildschirmen, auf denen Gäste ihre Safari-Schnappschüsse zusammen mit professionellen Fotografen bearbeiten können.

Muhingi steht nun auf der Holzterrasse der Lodge, über der ein riesiger Feigenbaum seine Äste ausbreitet. Er blickt auf einen Fluss, bei dem manchmal Elefanten vorbeistapfen. Ein paar Meter weiter prustet ein Nilpferd im Teich, den die Lodge-Betreiber eigens haben anlegen lassen.

Die afrikanische Gastfreundschaft, die Fairman Muhingi vermitteln will, kostet seine Gäste 2000 Dollar pro Nacht. Dafür erleben sie eine Afrika-Safari-Phantasie, die perfekter kaum sein könnte. «Afrika war für Marriott bisher ein unberührtes Terrain», sagt der Kenyaner Muhingi, der seine Hotelierausbildung in Sörenberg in der Schweiz gemacht hat. Die grösste Hotelkette der Welt habe bisher keine Safaris gemacht. Doch das ändert sich gerade. Und wie.

Mehr als Pyramiden und Elefanten

Luxushotelketten wie das amerikanische Unternehmen Marriott haben grosse Pläne für den afrikanischen Kontinent. Laut einer im März veröffentlichten Studie der Tourismusberatungsfirma W Hospitality planen internationale Hotelketten derzeit 524 Hotels in 41 afrikanischen Ländern. Marriott alleine plant 138 Hotels, Hilton 72, die französische Kette Accor 70. Laut dem Bericht von W Hospitality hat die Zahl geplanter Projekte gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozent zugenommen, das ist der grösste Anstieg seit 2018.

Der globale Tourismus befindet sich fast wieder auf dem Niveau von vor der Covid-Pandemie. Und in Afrika zeichnet sich ein Boom ab. Laut der Organisation World Travel and Tourism Council dürfte die Tourismusindustrie auf dem Kontinent in den nächsten zehn Jahren jährlich um 6,5 Prozent wachsen und 350 Milliarden Dollar an zusätzlichen Einnahmen generieren.

Der Hotelmanager Fairman Muhingi sagt: «Nach Covid hat ein Reise-Hype eingesetzt, der auch neue Regionen erfasst.» Zum Beispiel Afrika.

Und Afrika heisst inzwischen nicht mehr nur ägyptische Pyramiden und kenyanische Elefanten. Die Liste der afrikanischen Länder mit den meisten Hotelprojekten umfasst neben klassischen Destinationen auch unerwartete Namen. Die Top 5 sind, in dieser Reihenfolge: Ägypten, Marokko, Nigeria, Äthiopien und Kenya.

Dass sich Länder wie Nigeria und Äthiopien unter den Top 5 befinden, liegt nicht etwa daran, dass diese Länder von Touristen gestürmt werden. Vielmehr gibt es in diesen Ländern viel brachliegendes Potenzial. Äthiopien (120 Millionen Einwohner) und Nigeria (mehr als 200 Millionen Einwohner) könnten Tourismusgiganten sein, würden sie nicht von gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen ausgebremst.

Doch die internationalen Hotelketten glauben offenbar daran, dass Afrikas lahmende Riesen ihr Potenzial verwirklichen können. In Äthiopien planen sie 31 neue Anlagen, in Nigeria 50.

Schlechte Strassen und Ausbildung als Herausforderungen

Der Tourismus ist für viele afrikanische Länder jetzt schon von grosser Bedeutung. In den klassischen Safari-Destinationen Kenya und Tansania macht der Tourismus mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts aus. Die Bedeutung des Tourismus dürfte weiter zunehmen. Die Weltbank und die Tourismusorganisation der Uno gehen davon aus, dass die Tourismusbranche in den nächsten Jahren einer der wichtigsten Wachstumstreiber auf dem Kontinent sein wird – und dass Afrika eine der am schnellsten wachsenden Tourismusregionen der Welt sein wird.

Fairman Muhingi, der Hotelmanager, sagt, es helfe, dass die politische Situation in manchen Ländern stabiler sei als früher, zum Beispiel in Kenya. Das nehme Investoren die Angst.

Viele afrikanische Länder haben erkannt, dass sich mit Tourismus viel Geld verdienen lässt. Nicht nur mit internationalen Gästen, sondern auch mit der eigenen Mittelklasse, die in vielen Ländern wächst. Um die internationale Klientel anzulocken, haben mehrere Länder ihre Visabestimmungen gelockert. Rwanda und Kenya zum Beispiel haben die Visumspflicht für afrikanische Reisende im vergangenen Jahr aufgehoben.

Dennoch bleiben viele Herausforderungen. Strassen und öffentlicher Verkehr sind in vielen afrikanischen Ländern in schlechtem Zustand, Destinationen sind schlecht erschlossen. In vielen Ländern haben Hotelketten Mühe, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Und die politische Stabilität ist mancherorts ein Problem. Im Sudan wurde das einzige geplante Projekt einer internationalen Hotelkette gestoppt, nachdem im April 2023 ein Bürgerkrieg ausgebrochen war.

Nigeria steht zudem exemplarisch für die wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen Touristiker sich auseinandersetzen müssen. Die Währung des Landes ist so von Inflation geplagt, dass die Kosten für den Bau von Hotelanlagen konstant steigen.

Und trotzdem lassen sich die internationalen Ketten nicht schrecken. In Kenyas Hauptstadt Nairobi, vier Stunden Autofahrt entfernt von Fairman Muhingis Safari-Lodge, eröffnete Marriott Ende März ein weiteres Hotel. Es ist mit 35 Etagen das grösste der Stadt. Kenyas Präsident William Ruto durchschnitt das Band. Auch sein Kabinettssekretär Musalia Mudavadi, der dritthöchste Mann in der Regierung, sprach und sagte: «Würde ein Investor Millionen so wie hier ausgeben, wenn er kein Vertrauen in uns hätte?»

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