REISEVERANSTALTER PACKT AUS: IST DIE 140-MILLIONEN-SEILBAHN IN ZERMATT EIN FLOP?

Zermatt wollte mit der durchgehenden Seilbahnverbindung nach Italien in neue Sphären vorstossen. Doch das Interesse fehlt, wie ein Reiseveranstalter sagt.

80 Jahre hat man in Zermatt VS von einer direkten Seilbahnverbindung nach Italien geträumt. Nachdem die Verantwortlichen das letzte Teilstück des 140-Millionen-Projekts im letzten Sommer mit einer grossen Feier eingeweiht haben, soll im Dorf mittlerweile Ernüchterung herrschen. Das Interesse am neuen Angebot hält sich in Grenzen, wie ein grosser Reiseveranstalter und eine Sprecherin der Cervinio AG gegenüber den Tamedia-Zeitungen bestätigen.

Beim Reiseveranstalter würden nur vereinzelte Buchungen aus Asien eingehen. Die Cervinio AG führt als Grund die fehlende Bekanntheit des Angebots ins Feld. Bei den Bergbahnen Zermatt hingegen will man davon nichts wissen. Man sei mit der Auslastung der ersten Betriebszeit sehr zufrieden.

Probleme beim Gepäcktransport

Die Ziele der Bergbahnen Zermatt waren ambitioniert: Mit der Möglichkeit, die Alpen von der italienischen Seite aus zu überqueren, sollten Gäste von Übersee auf ihrer Europareise nach Zermatt gelockt werden. Dabei geniessen sie eine spektakuläre Gondelfahrt über die Alpen und übernachten im Idealfall noch im Weltkurort. Ein Gepäckservice stellt sicher, dass die Reisenden bei den mehrmaligen Umstiegen unterwegs nicht die schweren Koffer herumschleppen müssen. Doch das klappt noch nicht wie erhofft.

Tamedia zitiert aus einem Schreiben der Bergbahnen Zermatt vom Dezember, gemäss dem die fehlende Bewilligung der italienischen Grenzbehörden das Problem ist. Die italienische Seite weist diese Vorwürfe von sich. Der Gepäcktransport sei von den Behörden bewilligt worden. Die Cervinia AG macht als Schuldigen offene Abklärungen auf Zermatter Seite aus.

Italiener haben wenig Interesse

Die Kooperation der beiden Bergbahnunternehmen ist nicht immer einfach. Man denke in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, sagte Markus Hasler (64), Chef der Bergbahnen Zermatt, an der Einweihung im letzten Sommer. Auf der einen Seite die internationale Top-Destination, die bei der Werbung fürs Alpine Crossing Vollgas gibt. Auf der anderen die zurückhaltende Cervinia AG. Ein grösserer Reiseveranstalter hätte erfolglos versucht, bei den Italienern gute Bedingungen für ein Paket zu verhandeln, schreiben die Tamedia-Zeitungen.

Ein weiteres Problem sei das unberechenbare Wetter in dieser Höhe. Im schlimmsten Fall kann die Anlage stillstehen und eine Reisegruppe mit enger Terminplanung hat eine Überquerung gebucht. Doch auch der Preis dürfte einige abschrecken: Eine Einzelfahrt kostet in der Hauptsaison 156 Franken. Retour sind 240 Franken fällig. Mit Halbtax oder Generalabonnement ist der Preis immerhin niedriger.

Hasler rechnete mit mehreren Hundert zusätzlichen Gästen

Seit Anfang Januar steht die Bahn wegen umfassenden Revisionsarbeiten still. Bereits nach wenigen Betriebsmonaten muss ein fehlerhaftes Tragseil ausgetauscht werden. Voraussichtlich geht die Anlage Ende März wieder in Betrieb. Auch künftig sollen die Revisionen im Winter stattfinden, im Idealfall aber weniger Zeit in Anspruch nehmen.

Der erste Abschnitt der neuen Bahn vom Trockenen Steg hinauf aufs Klein Matterhorn hatte noch vielversprechend begonnen: 2018 eingeweiht, hätten sich die Gästezahlen auf dem Klein Matterhorn seither im Sommer mit 3000 Besuchern beinahe verdoppelt, sagte Hasler an der Einweihung. Vom durchgehenden Angebot versprach er sich noch mal ein paar Hundert Gäste mehr. Wie viele es tatsächlich geworden sind, weiss wohl nur die Chefetage der Bergbahnen. (smt)

2024-02-17T17:18:36Z dg43tfdfdgfd