DIE LEGENDäRE FLUCHTBURG DER BRITEN – GESCHICHTE-NEWSLETTER

Sie gruben Tunnel, bauten ein Gleitflugzeug und seilten sich mit Bettlaken ab. Waghalsig versuchten Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg aus Schloss Colditz zu fliehen – das und mehr im Newsletter.

Colditz? »That’s in Saxony, isn’t it?« Genau, dieses Städtchen liegt in Sachsen, nicht weit von Leipzig – was nicht sehr viele Deutsche wissen. Unser Autor Peter Littger hatte schon oft davon gehört, weil er oft in Großbritannien unterwegs ist. Schloss Colditz kennt dort fast jedes Kind, als legendären Ort im Zweiten Weltkrieg, denn dazu gibt es eine Reihe von Büchern und Filmen, dazu ein erfolgreiches Brettspiel. Einst war das Schloss ein Lager für britische Offiziere und Kriegsgefangene aus anderen Ländern. Einige Jahre lang versuchten sie immer wieder zu flüchten, waghalsig und ziemlich trickreich.

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»Es war ein ungemütlicher Herrenklub, ein Knast mit Löchern, ein Abenteuerspielplatz mitten im Krieg«, sagt die Kunsthistorikerin Regina Thiede, die fast jeden Winkel des tausend Jahre alten Schlosses auf einem mächtigen Hügel kennt. Peter Littger besuchte die Fluchtburg auf der Spur der Häftlinge und ihrer Ausbruchsversuche. Mal seilten sie sich ganz klassisch mit Bettlakenseilen aus dem hohen Gemäuer ab, mal buddelten sie lange Tunnel: »Le Métro« nannten französische und belgische Häftlinge ihr Werk, das deutsche Wachleute kurz vor der Fertigstellung entdeckten. Briten zimmerten sogar Holzteile aus Dielen und Decken zu einem Gleitflugzeug zusammen, um damit vom Dachstuhl in die Freiheit zu entschwinden.

Auch dieser Versuch schlug fehl, wie so viele andere. Manchen Gefangenen gelang es jedoch zu entkommen. Ein Ausbrecher schickte dem Colditz-Kommandanten sogar 1942 eine Postkarte aus der Schweiz: »Schade, dass Sie nicht hier sind!«

Der britische Geheimdienst lieferte den Soldaten allerlei Nützliches wie Kompasse, Geld oder Landkarten, Sägen, Messer oder Schnittmuster deutscher Uniformen, gut versteckt, teils in Paketen erfundener Hilfsorganisationen. Von diesem »Trainingslager für subversive Kräfte« (Museumskuratorin Thiede) ließ sich der britische Offizier und Schriftsteller Ian Fleming für seine James-Bond-Romane inspirieren. So heißt der Tüftler in den 007-Geschichten genau wie die damalige Geheimdienstabteilung für Fluchthilfe: »Q«. Die ganze Geschichte über Schloss Colditz lesen Sie hier.

Macht und Gewalt im Hip-Hop

Popkultur hat viele interessante historische Facetten. Dazu zählt auch Hip-Hop, dessen Wurzeln ein halbes Jahrhundert zurückreichen und der längst zur dominanten Jugendkultur geworden ist. Geschichte-Redakteur Jonas Breng hat in Mannheim Eva Ries besucht, die wohl bestvernetzte Deutsche im US-amerikanischen Hip-Hop. Lange war sie Marketingmanagerin der Gruppe Wu-Tang Clan und kennt die Szene genau. Auch die düsteren Seiten.

Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Rapper Sean Combs alias P. Diddy überraschen sie nicht: »Er gehört zu einem Typus Mann, der glaubt, unverwundbar zu sein und alles machen zu dürfen«, sagt Ries. »Im Hip-Hop ist Puffy das Äquivalent zu Harvey Weinstein«, dem Filmproduzenten, der im #MeToo-Skandal wegen zahlreicher Sexualvergehen zu langjähriger Haft verurteilt wurde.

»Unterwürfigkeit ist der Todeskuss. Gerade für eine Frau«, lautete eine der frühesten Lehren für Eva Ries. Im SPIEGEL-Gespräch beschreibt sie die Mechanismen im Gangsta-Rap: »Die rappen nicht nur von Gewalt, sie spielt auch abseits der Musik eine zentrale Rolle.« Die Musikmanagerin spricht auch erstmals öffentlich über einen konkreten Fall, als ein Labelchef sie zu vergewaltigen versuchte und erst nach ihrem heftigen Widerstand aufgab. Das Gespräch können Sie hier lesen.

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